Endgültig desillusioniert wurden wir, als uns Françoise Peschon, eine bekannte und hochdekorierte Önologin in Kalifornien, unverblümt erklärte, dass guter Wein herzustellen im Grunde keine grosse Zauberei sei: It's very easy…! Joe Heitz sagte zudem vor Jahren; it is only fermented grape juice! Klar ist, dass wenn man Früchte zerkleinert und die in einem Behältnis herumstehen lässt, diese anfangen zu gären. Wir bezeichnen das dann als – „es isch suur worde“. Am besten geht das im Sommer mit Fruchtsalat.
Na ja; so einfach ist die Weinbereitung aber dann doch nicht. Viele Faktoren müssen zusammenstimmen, will man dereinst einen Wein abfüllen, der von sich reden machen wird.
Ausgangspunkt ist das Traubengut, je höher die Qualität, desto besser werden die entsprechenden Weine sein. Viele Winzer geben dann auch völlig zu Recht zum Besten, dass grosse Weine im Rebberg entstehen und nicht im Keller, vorausgesetzt das Klima stimmt und die Wetterkapriolen halten sich in Grenzen. Ein enorm wichtiger Faktor ist auch, dass die zum Rebberg passende(n) Traubensorte(n) gepflanzt wurden. Der Rebberg aber als solches mit seinem Boden, seiner geographischen Lage und Ausrichtung stellt hier definitiv die Weichen in Richtung - na ja, okay, besser, gut, sehr gut, ausserordentlich oder gar Weltklasse.
Auch das vorherrschende Mikroklima trägt nicht unwesentlich zum guten Gelingen bei. Der Rebarbeit, die von Februar bis zur Ernte dauert, kommt höchste Prioritätsstufe zuteil. Ein guter Winzer ist dann auch länger im Rebberg als dann im Keller! In Kalifornien gibt es zudem Unternehmungen, die sich auf die Rebbergpflege spezialisiert haben und während dieser Zeit von Rebberg zu Rebberg und von Weingut zu Weingut ziehen um Reben zu pflegen.
Wenn nun alle Faktoren zusammenstimmen, kann man ein hochqualitatives Traubengut ernten und daraus mit dem entsprechenden Können und der Erfahrung einen grossartigen Wein keltern.
Bei der Weissweinbereitung sehen die Arbeitsgänge etwa folgendermassen aus:
Die gelesenen Trauben aus dem Rebberg kommen auf dem Weingut an. Umgehend werden diese auf ein langsam laufendes Förderband oder auf einen Sortiertisch geleert, um das Traubengut nochmals zu sichten. Eventuelle mitgelieferte Blätter oder ungesunde Trauben werden aussortiert. Danach werden die Trauben entbeert, dass heisst die einzelnen Beeren werden vom Stielgerüst der Traube abgezogen.
Danach werden die Beeren in einer Mühle gequetscht, so dass eine Art dickflüssiger Brei entsteht, ein Gemisch aus Fruchtfleisch, Traubenschalen und Saft.
Das Ganze wird Maische genannt. Diese wird nun einige Stunden sich selbst überlassen, um unter anderem Geschmacksstoffe, Phenole, und weitere lösliche Substanzen aus den Beeren in den Saft abzugeben. Durch diese Maischestandzeit werden Stoffe gelöst, die die Sensorik, Struktur und Haltbarkeit des späteren Weines beeinflussen. Zudem wird die Pressbarkeit verbessert, da nach zwei bis drei Stunden Enzyme freigesetzt werden, die die Pektine der Beerenhaut und des Fruchtfleisches abbauen. Die Standzeit der weissen Traubenmaische ist von der Qualität des Lesegutes abhängig und relativ kurz, in der Regel eine bis sechs Stunden.
Danach wir die Weissweinmaische abgepresst. Aus 100 Liter Maische werden etwa 75-80 Liter Most gewonnen. Das Pressen sollte sachte vor sich gehen damit die Traubenkerne nicht auch gepresst werden. Diese haben die leidige Angewohnheit, dass sie ihre Bitterstoffe freisetzen, die dann im Wein erkennbar wären und das will der Winzer keinesfalls.
Danach wird der Most geschwefelt, um die Oxidation zu verhindern. Der Most ohne Schwefelung würde eine bräunliche Farbe annehmen und zudem mit der Zeit wie Sherry riechen (Oxidation), obendrein verhindert der Schwefel auch die Vermehrung und das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen, wie etwa die „wilden“ Hefen, Milchsäure- und Essigsäurebakterien.
Der geschwefelte Traubenmost kommt nun für die Gärung in ein Fass oder in einen Stahltank. Das Behältnis wird oben mit einem Siphon, der mit Wasser gefüllt ist verschlossen, um den Luftkontakt zu vermeiden. Vielerorts wird spontan vergoren, das heisst, die traubeneigenen Zuckerhefen beginnen zu reagieren. Bei grösseren oder gar grossen Weingütern werden jedoch Reinzuchthefen zugesetzt, um das Ganze besser unter Kontrolle zu haben.
Die Gärung dauert etwa sechs bis acht Tage. In dieser Zeit wird der im Traubenmost enthaltene Zucker in Alkohol umgewandelt. Während der Gärung kann sich dieser werdende Wein auf bis zu 30°C erwärmen. Dies hat zur Folge, dass sich die Hefen schneller vermehren und der Wein schneller durchgärt. Die meisten Winzer möchten dies verhindern und steuern die Temperatur der Gärflüssigkeit, um eine temperaturkontrollierte Gärung zu erreichen und gären ihren Weisswein zwischen 15 bis 18°C. Je länger die Gärung dauert, desto frischer und schlanker wirkt der Wein, umgekehrt wird der Wein kräftiger, wenn er bei höherer Temperatur vergoren wird.
Etwa im Dezember ist die Gärung normalerweise abgeschlossen. Die abgestorbenen Hefen (da diese nichts mehr zu «Fressen» haben) sinken langsam zu Boden. Weissweine aus kühlen Anbaugebieten enthalten mehr Äpfelsäure, die aus warmen Anbaugebieten weniger.
Nun wird abgestochen, das bedeutet, die am Boden des Gebindes abgelagerten Hefen werden entfernt und der Wein kommt in andere Gebinde. Die zurückbleibende Hefe wird ausgepresst und der entstandene Hefe-Wein kann zu „Eau de lie“ gebrannt werden.
Der Jungwein ruht nun die nächsten drei bis sechs Monate in Stahltanks, Holzfässern oder selten auch in Glas- und Kunststoffbehältern. In dieser Zeit gärt die Feinhefe, also Schwebeteile der Hefe, die nicht abgesunken sind, nach und baut dabei noch im Wein enthaltene Eiweiße ab. Die Salze der Weinsäure (Weinstein) lagern sich zu dieser Zeit an Boden und Wänden des Gebindes ab. Der Jungwein ist jetzt zwar schon trinkbar, aber wie es der Name sagt jung – und wild! Der Wein wird eventuell noch leicht filtriert und dann auf die Flasche gezogen. Also abgefüllt.
Manche kräftigen Weissweine (Chardonnay) werden aber einige Monate ja bis fast 2 Jahre in den Barriques ausgebaut. Eine wichtige Rolle dabei spielt das Alter des Fasses und wie oft es also schon in Gebrauch war. Bei neuen Fässern ist der Holzton oft sehr dominant, und der Weingeschmack tritt in den Hintergrund. Bei zu alten Fässern wirkt der Wein manchmal muffig und abgestanden. Die besten Ergebnisse erzielen viele Winzer durch den Ausbau in alten und neuen Fässern und das spätere Verschneiden der Inhalte. Während des Barriqueausbaus werden die Weissweine im Eichenfass regelmässig umgerührt, die sogenannte Batonage wird praktiziert. Hierdurch werden die auf dem Fassboden abgelagerten Hefen aufgerührt; dies verleiht dem Wein mehr Volumen und Struktur und eine gewisse Cremigkeit. Wird jedoch die Batonage nicht durchgeführt, wirkt der Wein mineralischer und frischer.
Danach werden auch diese Weine eventuell noch leicht filtriert und dann abgefüllt.