Chardonnay

Die Herkunft des Chardonnays, der Königin der weissen Rebsorten, ist unbekannt. Viele Märchen ranken sich um ihren Ursprung, geklärt ist er nicht. Alleine in Frankreich kennt man 34 eigenständige Abarten, Klonen genannt, von denen einige überaus aromatisch, fast schon aufdringlich duften, andere sind extrem ertragsstark und riechen kaum.

Chardonnay reagiert wie keine andere Rebsorte unmittelbar auf die Art ihrer Verarbeitung, weshalb die Rebsorte ein so ungewöhnlich breites Qualitäts- und Geschmacksspektrum bietet, dass es DEN Chardonnay eigentlich gar nicht gibt. Der Name der bekanntesten Rebsorte der Welt ist Weintrinkern in aller Welt so vertraut, dass sie kaum darüber nachdenken, dass sich dahinter eine Rebsorte verbirgt. Der Name ‚Chardonnay’ ist so populär, dass die zahlreichen Synonyme für die Rebsorte kaum noch bekannt sind; nur in Österreich beharrt man sympathisch auf dem alten Synonym ‚Morillon’.

Der relativ hohe Alkoholgehalt der Rebsorte vermittelt ein Gefühl von feiner Süsse und cremiger Weichheit auf der Zunge, was massgeblich zur weltweiten, von nationalen Geschmacksvorlieben losgelösten, Popularität der Rebsorte beitrug. Die, wie bei keiner anderen weissen Rebsorte, mögliche Integration von Fassaromen und Eichenholzgeschmack ist ein weiterer Grund für die globale Popularität der Rebsorte.

Von Kellermeistern in aller Welt wird Chardonnay geschätzt, weil er wie keine andere Rebsorte auf ihre Weinbereitung reagiert. Sie lässt sich reduktiv kalt im Edelstahltank vergären und ergibt dann frische, rassige Weine mit angenehmer Säure. Sie lässt sich aber genauso gut oxidativ im kleinen Eichenfass vergären und lange auf der Hefe lagern, verträgt sogar lange Lagerung und Reifung in neuem Holz, ohne dessen unangenehme Aromen aufzunehmen. Über das Ansprechen der Rebsorte auf Hefesatzaufrühren (die sogenannte ‚Battonage’, bei der man im Holzfass den trüben Bodensatz der Hefe mit einem Stab aufrührt und sie auf diese Weise emulgiert; je häufiger man dies tut, um so cremiger und weicher wird der Wein) haben sich zwei Schulen an Verarbeitung zwischen Burgund und Kalifornien herauskristallisiert, die diese Eignung für besondere Stilistik nutzen: Es gibt die ‚modernen’ Winzer und Kellermeister, die durch starkes und häufiges Hefesatzaufrühren dicke, weiche, cremig fette Chardonnays produzieren, wie sie der Idealvorstellung dieser Rebsorte entsprechen. Dem stehen Winzer entgegen, die bewusst auf das Aufrühren der Hefe verzichten, um so die aromatische Komplexität der Rebsorte, ihre Mineralität und Straffheit, ihre Rasse und strukturelle Eigenartigkeit herausarbeiten. Sie rühren die Hefe gezielt nicht auf (wie z. B. Coche-Dury in Burgund oder Au Bon Climat in Kalifornien), um deren Aromen nach frischem Brot, Hefeteig, gerösteten Mandeln und Haselnüssen in das frische, nachhaltig straff wirkende, mineralisch geprägte Geschmacksbild der Rebsorte zu integrieren.

Guter Chardonnay besitzt eine attraktive goldene Farbe und einen breiten, gefälligen, aber nicht einfach zu beschreibenden Geschmack. In wissenschaftlichen Analysen stellte sich Chardonnay als aromatisch schwer zu fassen dar. Sein Spektrum reicht, je nach Ausbau, von Himbeeraromen über Tabak, Vanille, tropische Früchte und Pfirsicharomen bis zu reifen Tomaten, Tee und Blütendüften.

Wenn man Chardonnay von jungen Rebstöcken erntet, wie so in Italien üblich, und dabei noch von den hohen Erträgen profitiert, die die Rebsorte mühelos bringt, wird er wässrig, dünn und fast neutral. Einfacher Chardonnay ist ein so überflüssiger wie säuerlich dünner, an grüne Äpfel und Melonen erinnernder Saufwein, der den Markt in schier unerschöpflicher Menge zu überschwemmen scheint.

Dagegen können niedrige Erträge von erstklassigen Lagen auf basischen Böden, die gesunde Säure mit optimalem pH-Wert aus präzise reif gelesenen Trauben besitzen, durch eine sich souverän zurücknehmende Kellertechnik grossartige, eindrückliche Chardonnays begeisternder Individualität hervorbringen, die sich über Jahrzehnte zu unerreichter Grandezza rarer Komplexität entwickeln.